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Herbsttagung 2024

Weiterhin gut am Markt

(Schwäbisch Hall) 170 Teilnehmer aus 55 Manufakturen und von 33 Marktpartnern waren vom 24. bis 26. Oktober in Schwäbisch Hall angereist, um am traditionellen Herbsttreffen der ZimmerMeisterHaus Gruppe teilzunehmen. Als Lohn für ihre teilweise lange Anreise winkten eine Veranstaltung mit einem unterhaltsamen und informativen Veranstaltungsprogramm und ein fruchtbarer Erfahrungsaustausch unter Kollegen. Auch für die Mitglieder der Gruppe sind die Zeiten momentan eher durchwachsen, aber sie halten sich überdurchschnittlich gut am Markt. Ihrer Geschäftsentwicklung in 2023 gaben sie im Schnitt die Note „zwei minus“.

Künzelsau | Schwäbisch Hall
24. bis 26. OKT. 2024

Dass ihre Manufakturen auch in schwerem Fahrwasser gut aufgestellt sind, macht die Gruppe für potentielle Mitglieder attraktiv. Präsident Holger Kappler stellte denn auch gleich zu Beginn der Veranstaltung mit der Zimmerei Geiss aus Bischofsmais eine frisch gebackene ZMH-Manufaktur vor. Im Rückblick berichtete der Präsident von einem Geschäftsjahr mit schwierigen Rahmenbedingungen, zu denen eine niedrige Neubauquote trotz hohen Wohnungsbedarfs gehörte. Als besondere Chance für ZimmerMeisterHaus Manufakturen sieht Holger Kappler Projekte aus der seriellen Sanierung, wo wegen der komplexen Aufgabenstellungen im Bestand professionelle Handwerker gefragt sind und der Trend seiner Meinung nach vom Projekt zum Produkt gehen wird.

Auch die Zahl der Marktpartner steigt bei ZimmerMeisterHaus kontinuierlich. In Schwäbisch Hall stellten sich gleich zwei neue vor: Govinda Otremba präsentierte die Firma Stexon, die ihren bekannten Steckverbinder zu verschiedenen Varianten mit eigener ETA weiterentwickelt hat. Alexander Schechner stellte mit der Firma Envola, die sich auf die technische Gebäudeausrüstung spezialisiert hat, das zweite Neumitglied vor.

Gastgeber der Tagung ist Marktpartner Würth in Künzelsau im Carmen Würth Forum.

Holger Kappler, ZMH Präsident

Matthias Schlosser, ZMH Geschäftsführer

Betriebsbesichtigung KEGA Holzbau, Ingelfingen

Geschäftsbericht und Brandschutzupdate

Dem Bericht von Geschäftsführer Matthias Schlosser ließ sich entnehmen, dass 2023 die in Deutschland steigende Holzbauquote nicht den allgemeinen Rückgang bei den Baugenehmigungen ausgleichen konnte. Dabei ist der Rückgang der Baugenehmigungen im Mehrgeschossbau ähnlich wie im Einfamilienhausbereich. Wer wie die ZimmerMeisterHaus Manufakturen derzeit noch über eine gute Auslastung verfügt, befindet sich also sozusagen auf der Sonnenseite der Branche. Die Bewertung des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses durch die Manufakturen sank in 2023 minimal auf die Note 2,3, die Geschäftsfelder verschoben sich bei vielen in Richtung Bauen im Bestand. Bei den ERFA-Gruppen stößt denn auch die serielle Sanierung auf Interesse, weitere Schwerpunkte liegen auf der betrieblichen Weiterentwicklung in Technik und Unternehmensführung. Strategisch stehen zusätzlich Themen wie Digitalisierung, Wissenstransfer, Kommunikationsstruktur und Themenvielfalt im Vordergrund. 2024 und 2025 stehen entsprechende Expertenseminare auf dem Programm. Daneben bietet die Geschäftsstelle ein breites Spektrum regelmäßiger Veranstaltungen an und unterstützt die Manufakturen im Marketing durch eine überarbeitete Internetseite, Messeauftritte und eine Fülle von Verkaufsunterlagen, Broschüren etc. Zur Überarbeitung des WEB-Auftritts gehört ein neuer Hauskonfigurator, mit dem Interessenten das zu ihren Wünschen und Möglichkeiten passende Haus finden können. Nach dem Bericht der Rechnungsprüfer wurde der Vorstand von den stimmberechtigten Mitgliedern entlastet.

Im Anschluss gab Ralf Stoodt, Bauexperte in der ZMH-Geschäftsstelle, den Zuhören ein „Brandschutzupdate“. Er begann mit der Warnung, unzulängliche Planungen ohne Brandschutznachweis nicht zu akzeptieren: „In letzter Konsequenz muss das Holzbauunternehmen die Übereinstimmung erklären und haftet im Zweifelsfall.“ Generell befinde man sich beim Brandschutz in einer Übergangsphase, da die neue Musterholzbaurichtlinie zwar vorliege, aber erst nach und nach in den einzelnen Bundesländern anwendbar werde. Im Rahmen dieses Prozesses würden allgemeine Bauartgenehmigungen (aBG) die allgemeinen bauaufsichtliche Prüfzeugnisse (abP) allmählich ersetzen, auch wenn Letztere im Übergang noch vielerorts akzeptiert würden. Mit Inkrafttreten der Musterholzbaurichtlinie würden außerdem die europäischen Klassifizierungsdokumente zum Brandschutz und damit alle in Data-Holz.eu niedergelegten Konstruktionen anwendbar. Außerdem sprach Ralf Stoodt das Thema Holzfassaden in den Gebäudeklassen 4 und 5 an. Hier sollte das Holzbauunternehmen nicht von der Musterholzbaurichtlinie abweichen. Denn auch hier hafte es im Zweifel – nicht nur im Holz-, auch im Holzhybridbau. Manufakturen, die das Thema Brandschutz vertiefen wollen, bietet ZimmerMeisterHaus entsprechende Seminare an.

Benjamin Würth, künftiger Aufsichtsratsvorsitzender

Frank Astor, Führungskräftetrainer und Unternehmer Coach

Besichtigung CURIO Reinhold Würth Innovationszentrum

Unterhaltsam, lehrreich, informativ

Das allgemeine Vortragsprogramm begann mit einem Grußwort von Benjamin Würth. Der kommende Vorsitzende des Stiftungsrats der Würth-Gruppe startete mit einem Dank an die Anwesenden: „Es ist in der momentan nicht einfachen Zeit wichtig, mit Partnern zusammenzuarbeiten, die nach vorne schauen, das Ganze positiv sehen und sich das Ziel setzen, aus der Situation das Beste zu machen und sich weiterzuentwickeln.“ Anschließend gab er einen Abriss der Würth-Firmengeschichte, die in mehr als 400 Gesellschaften in 80 Ländern gipfelt und sich am Satz von Reinhold Würth orientierte: „Man muss die Menschen verstehen, wenn man mit ihnen Geschäfte machen will.“

Nach einem Einblick von Thomas Klenk in die Strategie der Firma Würth und einem Vortrag von Thomas Mück aus der Akademie Würth über die Zukunft des Lernens folgte ein verblüffender Vortrag von Udo Hermann, Schreinermeister mit eigenem Unternehmen, zum Thema digitale Assistenz. Eröffnet von der digitalen „Sekretärin“ Ella, die der Referent mit KI-Tools konfiguriert hatte, gipfelten seine Ausführungen zu den Vorteilen einer KI-Anwendung im Handwerk in praktischen Beispielen. Unter anderem „erweckte“ Udo Hermann den Text der ZimmerMeisterHaus-Website mithilfe eines Avatars „zum Leben“, stellte eine mit ChatGPT generierte ZMH-Stellenanzeige vor und spielte den Zuhörern einen ZMH-Song vor, den er mit ChatGPT getextet und mit SUNO vertont hatte.

Es folgte ein Vortrag von Martin Langen, Geschäftsführer der B+L Marktdaten GmbH zum Thema „Weg aus der Krise“. Die positive Nachricht: Aus einer Fülle von Gründen, zu denen günstige Boden- und Immobilienpreise, sinkende Zinsen, steigende Einkommen und Mieten gehören, rechnet Langen mit einem schrittweisen Wiederanspringen der Baukonjunktur. Dies könnte bereits bis Ende 2024 einen Großteil der Branche erfassen, wobei die Effekte erst in 2025 oder 2026 wirtschaftlich spürbar sein werden. Selbst für den Einfamilienhausbau rechnet der Referent durch eine Stabilisierung auf einem gegenüber 2023 leicht erholten Niveau. Überraschend dürfte für viele Zuhörer seine Einschätzung zu derzeit im Trend liegenden Geschäftsfeldern gewesen sein – Modulbau und Serielle Sanierung werden seiner Meinung nach Nischenmärkte bleiben: „Ersterer, weil es zum Problem werden wird, die Anlagen auszulasten, letztere, weil der Preisunterschiede zum Wärmedämm-Verbundsystem zu groß ist.“

Das Ende des Vortragsprogramms stand im Zeichen der KI: Prof. Dr. Thomas Wortmann von der Universität Stuttgart referierte zum Thema „Computing in der Architektur“. Auch wenn im Baubereich oft die breite Datenbasis fehlt und neuronale Netze nicht im eigentlichen Sinne „intelligent“ seien, weil ihnen zum Beispiel das Verständnis für eine räumliche Zuordnung fehle, könne KI Architekten „als Inspiration und Startpunkt“ dienen: „Dabei braucht es für die Vermeidung von Bildklischees und die räumliche Generierung immer noch die menschliche Entscheidung.“ Interessant auch die im Vortrag vorgestellten Forschungsprojekte in Stuttgart, bei denen es unter anderem um die Herstellung eines räumlichen KI-Zusammenhangs und um die Möglichkeit ging, die Daten verschiedenen Entwurfsvarianten zu Energiebedarf, Materialverbrauch oder Tageslichtqualität über Gebäudesimulationen zeitnah abzulesen. Aktuelle Beispiele für eine sinnvolle kommerzielle KI-Anwendung im Baubereich rundeten den Beitrag ab.

Frank Astor, Führungskräftetrainer und Unternehmercoach, gab den Teilnehmern Tipps für erfolgreiches Unternehmertum in Zeiten künstlicher Intelligenz. Hier helfen „Die sieben Säulen für nachhaltigen Erfolg“, die von einer klaren Standortbestimmung bis hin zu einer intensiven Beschäftigung mit KI und einer regelmäßigen Überprüfung der eigenen Ziele und ihrer Umsetzung reichen. Bei seinem Vortrag stellte der Referent, der lange als Coach und Keynote Speaker bei führenden TEC-Unternehmen aktiv war, den Menschen und seine Persönlichkeitsentwicklung in den Mittelpunkt: „Weil wir den Herausforderungen der Digitalisierung nur gewachsen sein werden, wenn wir uns als Mensch stärken und uns auf unsere menschlichen Fähigkeiten stützen“. Dies alles nicht als trockener Vortragsstoff, sondern mit Witz und Augenzwinkern ans Publikum gebracht. Die Höhepunkte: eine schauspielerische Aufklärung über die Psychologie des Geldes, ein KI-generierter ZMH-Song und ein mit der Gitarre vorgetragenes Lied über Methoden, die Arbeit aufzuschieben.

Wie immer nutzten die Mitglieder das abwechslungsreiche Rahmenprogramm – die Besichtigung der ZimmerMeiserHaus Manufaktur KEGA Holzbau in Eberstal, der Besuch mehrerer Würth-Locations und zwei gemütliche Abende in Schwäbisch Hall – um sich im persönlichen Gespräch mit Kollegen und Markpartnern auszutauschen. So sind über die Jahre viele Freundschaften innerhalb der Gruppe entstanden – Kennzeichen des besonderes ZMH.Spirit, der aus der Beteiligung, Begeisterung und dem Gemeinschaftsgefühl aller wächst und für viele ein wichtiger Anlass ist, auch weite Wege zu den Treffen zurückzulegen. Die begleitende Ausstellung der Marktpartner nutzten viele Teilnehmer, um sich zu informieren, den Herstellern Anregungen zur Weiterentwicklung zu geben und langfristige Beziehungen zu pflegen.